Sombreros und Fascinators von Nieves Castelló: Hingucker aus Stroh und Seide
Fusion aus Tradition
und flippigen Ideen
Das Wissen ums Strohflechten auf La Palma droht mit dem Dahingehen der Älteren in der Versenkung zu verschwinden. Doch es gibt eine Frau, die diese Tradition am Leben erhält und mit jungen Ideen weiterentwickelt: Nieves Castelló schafft mit Phantasie und Geduld Kopfschmuck und Accessoires der ganz besonderen Art. Wir haben die Hutmacherin in ihrem Haus in Breña Baja besucht und den langwierigen Entstehungsprozess der Castelló-Crea-Unikate verfolgt.

So entsteht ein Sombrero von Nieves: Von der Ähre bis hin zur Dekroration ist alles Handarbeit pur – und die Verarbeitung muss tipp-topp sein. Fotos: La Palma 24
Nieves hat Geschmack. Das zeigt schon die Einrichtung des Hauses, in dem sie zusammen mit ihrem Mann Fernando Rodríguez, dem Macher der Website Palmeros en el Mundo, lebt. Werke von Künstlern schmücken die Räume, der Stil ist einfach, hat aber Pfiff, viele Möbel sind selbstdesignt und an althergebrachte, kanarische Interieurs angelehnt. Denn Tradition wird bei Nieves ganz groß geschrieben:
Ich bin zwar nicht auf La Palma geboren, aber ich lebe hier von Kindesbeinen an. Ich teile die Leidenschaft von Fernando für die Insel und ihr Brauchtum und unterstütze ihn. Als ich mir vor circa vier Jahren ein Hobby suchte, war klar, dass es etwas mit Mode und Tradition zu tun haben musste. Und so kam ich auf die Idee mit den Hüten…
Vom Gedanken bis zur Realisierung des ersten Sombreros ging Nieves einen langen, steinigen Weg. Allem voran musste sie jemanden finden, der ihr die alte Technik des Strohflechtens beibrachte. Und das war gar nicht so einfach, berichtet die engagierte Frau:
Ich habe lange gesucht, denn diese Kunsthandwerker leben in einer ganz eigenen Welt. Nur wenige, die das Strohflechten beherrschen, wollen ihr Know-how weitergeben, und wenn, dann haben sie oft keine Zeit oder sie sind schon zu alt. Ich hatte das Glück, dass eine der wenigen Artesanas, die auf La Palma noch übrig sind, mir alles zeigte – außerdem ist Maria Nela eine der besten ihrer Zunft. Bis ich es konnte, hat es lange gedauert, aber heute kann ich fliegen (lacht).
Nimmt man den Produktionsprozess unter die Lupe, wird klar, was Nieves meint: Zuerst muss sie überhaupt mal das Rohmaterial für ihre Hüte finden – das sind Roggenähren, die heute auf La Palma kaum mehr angebaut werden. Anschließend schneidet sie das Getreide zurecht und putzt es, dann sortiert sie das Stroh nach Länge und Farbe und wässert die Stängel. Erst jetzt kann die Kunsthandwerkerin damit beginnen, mit einer ganz speziellen Technik einen Zopf zu flechten und immer wieder mit einer Flasche zu bügeln. Der Zopf muss laut Nieves am Ende sage und schreibe mindestens 25 Meter lang sein, damit ein Sombrero daraus genäht werden kann:
Ein Sombrero ist immer aus einem Stück gemacht. Ich benutze beim Zusammennähen des Zopfes keine Modellform, denn auch das ist in der herkömmlichen palmerischen Flechterei nicht üblich. Man misst immer nur den Durchmesser des Kopfes, und dann fängt man an, den Zopf in der gewünschten Form zusammenzunähen. Dies geschieht natürlich ausschließlich von Hand, und am Ende darf keine Naht sichtbar sein.
Auf die Frage, wie lange sie für einen Hut braucht, antwortet Nieves nur mit einem Lachen:
Mucho, mucho…. Man kann diese Arbeit nicht nach Stunden berechnen, sie stammt aus einem anderen Jahrhundert und erfordert viel Gelduld, denn mit Eile gelingt nichts. Das Langsame muss einem gefallen, es kommt einfach auf das Resultat an. Deshalb arbeite ich nur im Auftrag und mache Ausstellungen, damit die Leute die gestalterischen Möglichkeiten sehen können. Wer bei mir einen Sombrero bestellt, muss sich mindestens zwei Monate gedulden. Ich arbeite jeden Tag Vollzeit am Flughafen und kann mich meinem Hobby nur nach Feierabend oder am Wochenende widmen.

Kleine Fascinators sehen auch bei Kids super-süß aus: Hier ein paar Beispiele aus der Pequeña-Celia-Serie von Castalló-Crea. Fotos: Fernando Rodríguez
Schließlich sind Flechten und Sticheln nur ein Teil der Arbeit, die die Kreationen von Nieves so einzigartig und elegant macht: Wiederum mit viel Liebe zum Detail entwirft und gestaltet sie die Dekorationen, damit ihre Sombreros, Fascinators und Accessoires zu echten Hinguckern werden. Manchmal aus Federn, aber meist aus Spitze und Seide entstehen Blumen oder Hutbänder. Die Hutmacherin von La Palma wählt den Stil und die Farben nach Vorgaben der Kunden, denn der Kopfschmuck muss ja immer zu einem Kleid oder einer Tracht passen:
Ich erfinde nichts Neues, aber ich will es etwas anders machen. Die Basis ist das Kunsthandwerk und obendrauf setze ich etwas Modisches – und so entsteht eine Fusion aus Alt und Neu. Ich habe eine Anfangsidee und dann flippe ich ein bisschen (lacht)…
Trotz all dieser mehr als zeitaufwändigen Handarbeit sagt Nieves von sich selbst, sie sei keine Kunsthandwerkerin, sondern nur eine Frau mit einem Hobby. Im Blick auf ihre Fertigkeit, ihre Geduld und ihre Kreativität darf man ihr da wohl mit Fug und Recht widersprechen. Die Kreationen von Nieves Castelló sind kleine, mit Herz und Hand geschaffene Kunstwerke. Nicht zuletzt, weil Nieves voll und ganz in ihrer Arbeit aufgeht:
Ich kann nicht ohne den knispernden Klang der Ähren leben, wenn ich sie mit meinen Händen falte. Ihr Geruch, ihre Farbe – das ist meine Welt, die ich mir geschaffen habe und in der ich mich glücklich fühle.
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